Bläserklasse

Das Konzept hierzu ist denkbar einfach: „Bläserklasse“ ist Musikunterricht. Es liegt im Wesen der Musik selbst begründet, dass sie „getan“ werden muss, um zu existieren; sie entsteht im Musizieren und ist im gleichen Augenblick schon wieder Vergangenheit. Alles theoretische Wissen darüber ist nur ein Teilaspekt, denn nur im eigenen Tun wird Musik erfahrbar und real. Kaum jemand käme auf die Idee, den Sportunterricht lediglich theoretisch abzuhalten, sich am Ende gar darauf zu beschränken, die Regeln verschiedener Sportarten und die Biografien großer Persönlichkeiten des Sportes auswendig lernen zu lassen und dann schriftlich abzuprüfen.

Im Musikunterricht der Bläserklasse wird darüber hinaus nicht nur der Lehrplan mit Leben erfüllt; es ist ja längst kein Geheimnis mehr, dass gemeinsames Musizieren noch viele andere positive Auswirkungen auf den Menschen hat: Schon lange ist bekannt, dass regelmäßiger Musikunterricht und das Erlernen eines Instrumentes sich positiv auf den Menschen auswirkt: das Gehirn wird trainiert, die Konzentrationsfähigkeit gesteigert, und sogar die körpereigenen Abwehrkräfte werden gestärkt.

Der Weg zur Bläserklasse war spannend: von der ersten Idee im Frühjahr 2007 bis zu den ersten geblasenen Tönen zu Beginn des Schuljahres 2008/09 mussten wir die verschiedensten Phasen mit allen Höhen und Tiefen durchlaufen. Das Konzept an sich stand nie in Frage; die Schulleitung war von Anfang an überzeugt, dass diese Art Musikunterricht nur positive Auswirkungen auf die Schüler haben würde, und dass sich die Schulform einer Ganztagesklasse perfekt eignet, eine Bläserklasse einzurichten.

Schwieriger war die Frage, wie alles finanziert werden sollte. Es gibt einige Finanzierungsmodelle, die jedoch für unsere Schule nicht passten, und so entschieden wir uns, die benötigten Instrumente zu kaufen und den Schülern leihweise zur Verfügung zu stellen, so dass es für alle erschwinglich sein sollte, an diesem Angebot teilzunehmen. Mit großem Engagement wurde ein Sponsorenlauf durchgeführt; ein Flohmarkt und viele Einzelspenden brachten die erforderliche Summe zusammen, so dass mit Beginn des neuen Schuljahres das Projekt gestartet wurde.

Man könnte nun fragen, warum es die Instrumente eines sogenannten „klassischen Blasorchesters“ sind, die hier zum Einsatz kommen – wären nicht Streichinstrumente auch schön (und weniger laut), oder würden nicht Blockflöten, Gitarren oder elektronische Keyboards vollkommen ausreichen (die sind wesentlich einfacher in der Pflege)? In der Tat gibt es das Klassenmusizieren mit den genannten Instrumenten, und mit viel Erfolg.

Ein Blasorchester hat den vorgenannten gegenüber allerdings einen unerreichbaren Vorteil: es werden alle „Register“ eines Orchesters abgedeckt, man hat musikalisch alle Möglichkeiten, die Instrumente sind bezahlbar (Streichinstrumente sind wesentlich teurer), und bereits nach kurzer Zeit stellt sich ein Erfolgserlebnis ein, da die spieltechnischen Grundlagen bald erlernt sind und durch die Vielfalt der Instrumente schnell ein attraktiver Gesamtklang entsteht. Dies ist so mit keiner anderen Instrumentenfamilie möglich.

Auf diese Art wird scheinbar „nebenbei“ auch ein positiver Kreislauf in Gang gesetzt: Das Erfolgserlebnis motiviert zum Üben, die Kinder erfahren bei Auftritten Beifall und Wertschätzung, sie fühlen sich nicht mehr als „Verlierer“, sondern gewinnen im Gegenteil an gesundem, positivem Selbstbewusstsein hinzu.

Inzwischen sind unsere Bläserklassen fest in den Schulalltag integriert; regelmäßige Auftritte sowohl in der Schule als auch z.B. am örtlichen Weihnachtsmarkt und in den Seniorenwohnheimen zeigen den Fortschritt unserer Kinder.

Sehr erfreulich ist außerdem, dass es in jedem Jahrgang einige Kinder gibt, die nach dem zweijährigen Projekt der Schule „ihr“ Instrument abkaufen und an der örtlichen Musikschule weiterhin Unterricht nehmen und musizieren.

Ein Wunsch für die Zukunft wäre, auch in der 7. Jahrgangsstufe mit interessierten Schülerinnen und Schülern weiter im Orchester zu musizieren, was bisher leider auch aus finanziellen Gründen noch nicht realisierbar war. Inzwischen wird jedoch der Wert des Musikunterrichts auch von politischer Seite erkannt, und so hoffen wir, vielleicht schon bald über einige Mittel zum weiteren Musizieren verfügen zu können.

Auf jeden Fall heißt es an der Mittelschule Vaterstetten auch in Zukunft „Uns're Schule hat 'ne Band!“